Ausstellung

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Alles Maskerade!
Fasching, Karneval & Mummenschanz im Spiegel der Kunst.

22.11.2014 — 22.2.2015

Mit Arbeiten von Ewan Atkinson, Sonia Boyce, Adam Chodzko, Leah Gordon, Marlon Griffith, Kahn & Selesnick, Marie Rime, Corinna Theuring und Alexandra Vogt, sowie ‚elfuhrelf’, einer Ausstellung in der Ausstellung, mit Fotografien von Theo Barth, Ute Behrend, Thekla Ehling, Dirk Gebhardt, Matthias Jung, David Klammer, Frederic Lezmi, Nadine Preiß und Wolfgang Zurborn.

Sonia Boyce: zwei Personen posieren verkleidet als Mother Sally, einer Karnevalsfigur aus Barbados

Sonia Boyce: Mother Sallies, 2007

Die Ausstellung ‚Alles Maskerade!‘ ist Teil eines zweiteiligen Ausstellungsprojektes, welches die MEWO Kunsthalle in Memmingen gemeinsam mit dem Museum Villa Rot in Burgrieden durchführt.
Beide Orte liegen am Rande des Gebietes, in dem die schwäbisch-alemannische Fasnacht traditionell begangen wird; in beiden ist das närrische Treiben ein vertrautes, jährlich wiederkehrendes Geschehen. Die Kuratoren beider Häuser (Stefanie Dathe im Museum Villa Rot und Axel Lapp in der MEWO Kunsthalle) haben zu diesem in der Kunst bislang wenig bearbeiteten Thema jeweils eigenständige Ausstellungen entwickelt.

Kein anderer Volksbrauch im Jahreslauf konnte in den letzten 25 Jahren so hohe Zuwachsraten verzeichnen wie das jecke Treiben an den tollen Tagen und die damit verbundene Narrenfreiheit einer verkehrten Welt. Maskeraden spielten und spielen in allen Kulturen eine große Rolle. Sie stellen eine Verbindung zu archaischen Kulturschichten her, erfüllen vielfältige soziale Funktionen und ziehen Jahr für Jahr gewaltige Menschenmassen in ihren Bann – sei es in Rottweil oder Venedig, sei es in Köln oder Rio de Janeiro. Während sich das Museum Villa Rot in seiner Präsentation auf Masken und Verkleidungen konzentriert (Masken in der zeitgenössischen Kunst ebenso wie historische Masken), setzt die Ausstellung in der MEWO Kunsthalle ihren Schwerpunkt auf die Strukturen dieser in vielen Kulturen vorkommenden Zeiträume sanktionierter Anarchie.

Für ein paar Tage im Jahr ist alles anders. Die Narren rufen am 11. November die fünfte Jahreszeit aus, die mit dem Aschermittwoch des darauffolgenden Jahres endet. Das eigentliche Fest – der Fasching, die Fasnacht oder der Karneval – dauert dann nur einige wenige Tage in der Woche vor Aschermittwoch. Es ist ein letztes ausschweifendes Fest vor Beginn der Fastenzeit. Statt zu arbeiten, feiern die Menschen in den Straßen; sie verkleiden sich, sie tanzen und singen. Der Frohsinn ist allgegenwärtig und kaum vermeidbar.
Während des Karnevals sind alle Narren gleich, zumindest, wenn man den traditionellen Erklärungsversuchen folgen mag. Zwar erscheint das Treiben auf den Straßen wild und ungebändigt, doch gibt es Vereine und Narrengesellschaften, welche die Bräuche kontrollieren und die Zügellosigkeit organisieren. Man braucht sich nur die im Fernsehen übertragenen Karnevalsrituale anzusehen, um ein Bild davon zu erhalten, wie hierarchisch und wenig spontan das närrische System mit seinen Prunksitzungen und Elferräten, den Gardemädchen, Büttenreden und geplanten Tuschs durchstrukturiert ist. Niemand braucht sich Sorgen zu machen, denn die Macht übernehmen die Narren nur für eine Zeitungsnotiz. Alle Auflehnung ist ein Spiel, die Anarchie nur eine Behauptung.

Im Fasching werden tradierte Konventionen und Normen außer Kraft gesetzt. Restriktive Gesellschaften zeigen sich überraschend freizügig. Autoritäten verlieren für kurze Zeit ihre Macht. Die Schlüsselgewalt in den Städten wird den Narren übertragen. Sie erheben die Anarchie zur Regierungsform und können endlich einmal die Obrigkeiten verhöhnen, über die Herren zu Gericht sitzen und für eine kurzzeitige Verschiebung der strikten Machtverhältnisse sorgen. Die Weiberfasnacht annulliert für einen Tag das Patriarchat und erlaubt den Frauen, mit den Krawatten auch die Souveränität der Anzugträger zu beschneiden. Schüler werden befreit und Lehrer verbannt. Selbst die sittenstrengsten Katholiken haben nichts gegen ein Küsschen, das Bützje in Köln oder Düsseldorf, einzuwenden. Und das ist nur der Anfang vom Verfall aller Moral! Die Ausschweifungen dieser Tage werden toleriert, wenn danach alles wieder beim Alten ist.

Schwarz-weiß-Fotografie mit zwei Personen, die Masken mit Hörnern tragen

Leah Gordon: Kanaval

Portrait einer Person mit einer Maske aus Alltagsgegenständen

Marie Rime: Armure #7, 2013

eine mit Pflanzen verkleidete Person auf einer Wiese

Kahn&Selesnick, King of Weeds, 2013