12.8. — 19.11.2023
Eröffnung: Freitag, 11.8.2023 um 19 Uhr
| Eintritt frei
mit einer Einführung von Ute Hübner, der Kuratorin der
Ausstellung
Veronique Verdet, aus der Serie, ›Fouloscopie‹, 2023, Foto: V. Verdet
Veronique Verdet, aus der Serie, ›The Road‹, seit 2020, Foto: V. Verdet
Veronique Verdet, Emportée par la foule, 2023, Installation (Foto: V. Verdet)
Véronique Verdet stellt in ihrer künstlerischen Praxis den Menschen in den Mittelpunkt und schärft unsere Sehweisen für gesellschaftliche Zusammenhänge. Eine zentrale Rolle in der Ausstellung – die ganz unterschiedliche Werkgruppen zu diesem Thema zeigt – spielt die namensgebende Installation Emportée par la foule, deren Titel sich mit von der (Menschen-) Menge mitgerissen übersetzen lässt. Für diese Arbeit hat sie 2.500 Miniaturfiguren geformt, die auf den ersten Blick homogen erscheinen, bei genauerer Betrachtung jedoch feine Unterschiede aufweisen. Die sorgfältige Anordnung und Inszenierung der gesichtslosen Figuren im Raum verweisen sowohl auf die Zusammengehörigkeit des Einzelnen mit der Menge als auch dessen Isolation darin. Hinzu kommt eine klangliche Intervention, für die sie den Chanson La foule von Édith Piaf neu interpretiert hat. Damit verdichtet Véronique Verdet nicht nur thematisch, sondern auch auf emotionaler Ebene menschliche Beziehungsmuster, die von egegnungen und Trennungen getragen werden.
Die Künstlerin ist interessiert an Übergängen von Wahrnehmen und Denken. Dieses Spiel betreibt sie auch in ihren neuesten Fotografien aus der Serie TV People. Die Aufnahmen, die ursprünglich von konkreten TV-Ereignissen zeugen, transportiert sie in unscharfe identitätslose Bilder, die vom Betrachter unterschiedlich aufgeladen werden können. Was ist hier glaubwürdig, was trügerisch? Auch wenn die Fotos nur noch eine Spur in sich tragen von etwas, was gewesen ist wirken das abstrakte Potential und die Farbigkeit mit suggestiver Kraft.
Véronique Verdet arbeitet im Spannungsfeld unterschiedlicher Medien. Sie wendet sich mit großer Akribie ihren Themen zu, so auch in den seriell angelegten abstrakten Strukturzeichnungen, die sich ganz auf die visuelle Kraft von schwarzen Punkten und unterschiedlich großen Kreisformen konzentrieren. Sie bezeichnet diese Arbeiten als Fouloscopien, ein Begriff, der für das kollektive Verhalten von Menschen in einer Menschenmenge (foule) geprägt wurde. Die großformatigen Blätter zeigen Netze und Cluster aus Punkten, die sich verdichten und wieder auflösen, Leerstellen entstehen lassen. All das schwingt mit und hält die Zeichnungen in einem ambivalenten Zustand. Es entsteht der Eindruck von fiktiven Kartografien. Neonfarbige Kontrazeichen in Form von Fähnchen oder Pfeilen unterstreichen die Assoziationen von Ortsbezeichnungen, Grenzen und Strömungen. Dieses Thema führt sie weiter in der wandfüllenden Videoarbeit Le Noir et le Blanc.
Eine eindeutige Botschaft ist nicht die Sache von Véronique Verdet. Das Mehr- und Vieldeutige in Form von markanter Symbolik und subtilen Anspielungen sind wesentliche Elemente ihrer Arbeit, die dem Betrachtenden gedankliche Freiräume eröffnen, um gesellschaftliche und politische Realität aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.
Véronique Verdet (*1967 in Cannes, F) studierte an der Hochschule der Bildenden Künste Saar. Von 2004 bis 2006 war sie Meisterschülerin von Christina Kubisch mit einem Schwerpunkt auf audiovisuellen Projekten. Sie lebt und arbeitet in Saarbrücken.
Die Ausstellung wurde von Ute Hübner in Zusammenarbeit
mit Véronique Verdet kuratiert.