8.6. — 23.9.2018
Anicuța Belau, ca. 1911
Max Unold: Dame im blauen Kleid, 1913
*1885 in Memmingen, †1964 in München
Die Kunstgeschichte hat sich nur begrenzt ein Urteil zu Max Unold gebildet. Wenige Publikationen setzen sich überhaupt mit ihm und seinem Werk auseinander und die Ausstellungen der vergangenen Jahrzehnte waren eher terminlich geboten denn künstlerisch motiviert. In der Diskussion seiner Arbeiten ist zumeist die Rede von einer frühen Annäherung an van Gogh und Cezanne und einer stilistischen Zugehörigkeit zur Neuen Sachlichkeit; das malerische Spätwerk hingegen findet wenig Erwähnung. Im Zusammenhang seines Werks fällt gelegentlich auch der Begriff der „Entarteten Kunst“ (zwei Bilder und 36 Grafiken von Max Unold wurden im Rahmen der „Säuberungsaktionen“ der Nationalsozialisten aus deutschen Museen entfernt). Seine Buchillustrationen sind weitverbreitet und teilweise bis heute in Druck; bisweilen schrieb er auch selbst – über Kunst und Anekdotisches über das Leben.
Nach dem Studium der Klassischen Philologie und dem Besuch einer privaten Zeichenschule studierte Max Unold von 1908 bis 1911 an der Akademie der Bildenden Künste in München. Rasch stellten sich erste künstlerische Erfolge ein. Bereits 1913 gewann er mit der Dame im blauen Kleid eine Goldmedaille auf der Ausstellung der Münchner Secession, kurz darauf erhielt er den Auftrag für die Gestaltung des monumentalen Mosaiks im Oktogon des neuerrichteten Museums in Wiesbaden. Beide Werke sind Ausgangspunkte dieser Ausstellung.
Auch in künstlerischen Verbänden war Max Unold aktiv. Schon 1913 war er einer der Mitbegründer der Münchner Neuen Secession – der er später, bis zur zwangsweisen Auflösung 1936, auch als Präsident vorstand. 1927 erfolgte die Ernennung zum Professor an der Münchner Akademie. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er Präsident des neugeschaffenen Berufsverbandes Bildender Künstler in München, Mitglied des Bayerischen Senats sowie Mitglied der deutschen UNESCO-Kommision.
Der umfangreiche Nachlass Max Unolds gehört heute zum Bestand der MEWO Kunsthalle; er wird hier kunsthistorisch aufbereitet und durch Ausstellungen wie auch Publikationen erschlossen.
›Max Unold: Kunstgeschichten‹ trägt zwei Erzählungen zur neuerlichen Diskussion seines Werkes bei.
*1886 in Bukarest, †1965 in Edinburgh
Anicuța Belau (die in der Literatur zu Max Unold bislang nur als Anicuța oder Anikuzza bekannt war) war eine junge Frau aus großbürgerlicher rumäniendeutscher Familie (ihr Vater, Paul Belau, war ein international tätiger Architekt, der maßgeblich am Bau des Gran Teatro in Havanna beteiligt war), die 1907 aus Bukarest nach München kam, um sich zur Künstlerin ausbilden zu lassen. Kurz nach ihrer Ankunft lernte sie Max Unold kennen, erste Liebesbriefe wurden im Mai 1908 ausgetauscht. Bis 1915 war sie seine Lebensgefährtin, Muse und engste Beraterin. In dieser Zeit entstanden einige bedeutende Portraits, deren bekanntestes die Dame im blauen Kleid (1913) ist.
Briefe in ihrem umfangreichen schriftlichen Nachlass, der mittlerweile an der University of Edinburgh verwahrt wird, zeichnen uns das Bild einer aufgeschlossenen jungen Frau, die Teil der künstlerischen Boheme in München war. Sie pflegte zahlreiche Freundschaften mit Künstlern und sah sich ihre Rolle als Muse und Salonnière. Zu ihrem Freundeskreis zählten unter anderen Joachim & Leonharda (Muschelkalk) Ringelnatz, Richard Koester (Karl Kinndt), Annemarie (Mirl) Seidel, Edwin Scharff und Oskar Coester.
Im April 1915 trennte sich Anicuța Belau endgültig von Max Unold; im Herbst desselben Jahres kam es zur Verbindung mit Ernst Levin, einem Arzt und langjährigen Freund, dessen Vater der Berliner Kommerzienrat und Mäzen Willy Levin war. 1917 heirateten die beiden, zwei Jahre später kam die gemeinsame Tochter Anna Katharina (Annekathrin) zur Welt. Es folgen turbulente Jahre in München.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten emigrierte Ernst Levin 1933 nach Edinburgh. Er arbeitete dort als Neurologe an der University of Edinburgh. Anicuța Levin-Belau verblieb zunächst in München. Doch mit der Zeit wurde die Situation auch für sie und vor allem für ihre Tochter Annkathrin unerträglich, denn diese galt nach den Nürnberger Rassegesetzen von 1935 als „Halbjüdin“. 1937 folgten beide Ernst Levin nach Edinburgh.
Nach 1945 lebte der Briefverkehr mit Max Unold vorsichtig wieder auf.
Anicuța Levin-Belau und Ernst Levin kehrten nie nach Deutschland zurück
Max Unold: Abend, 1930
Der zweite Teil der Ausstellung präsentiert zum Teil monumentale Mosaike, die nach Entwürfen von Max Unold entstanden.
Die meisten dieser Projekte sind im Nachlass gut dokumentiert. Dies beginnt mit der Ausgestaltung des Wiesbadener Museums (ab 1913), später folgen dekorative Wandelemente mit den vier Tageszeiten für den Schnelldampfer Europa (1930) des Norddeutschen Lloyds. Da auch die nationalsozialistischen Machthaber eine Vorliebe für Mosaike hatten, erhielt Max Unold auch von diesen einige große Aufträge. So gestaltete er die Kasinos der Fliegerhorste in Memmingerberg und Kitzingen (1936), und 1937 trug ein großes Mosaik zu Albert Speers Deutschem Haus auf der Weltausstellung in Paris bei. Letzteres scheint das einzige Mosaik zu sein, von dem sich keine detaillierte Skizze mehr im Nachlass vorhanden ist. Ein Adler auf goldenem Hakenkreuzgrund war wohl zu inkriminierend. Einzig in einem Skizzenbuch finden sich einige Details eines Adlers.
Die Ausstellung wurde unterstützt durch eine Zuwendung der Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim