8.6.2019 — 20.10.2019
Roland Iselin: Loyalist Colours, Newbuildings, County Derry, 2018
Roland Iselin "Culture Threatens No one", East Belfast, 2018
Seit dem Karfreitagsabkommen vom April 1998 war Nordirland weitgehend aus den Schlagzeilen verschwunden. Die bürgerkriegsähnliche Situation schien sich beruhigt zu haben. Erst in neuester Zeit kam das Land wieder ins Gespräch. Die Grenzziehung zwischen der Republik Irland und dem zum Vereinigten Königreich gehörigen Nordirland ist ein hochumstrittenes Thema in den fortwährenden Brexit-Verhandlungen. Durch einen Brexit befände sich an dieser Stelle eine stark zu kontrollierende EU-Außengrenze, während im Karfreitagsabkommen eine größtmögliche Durchlässigkeit vertraglich abgesichert worden war. In der Folge dieser Diskussion wurde Gewalt wieder deutlicher spürbar und forderte neue Opfer. So wurde am 18. April 2019 die Journalistin Lyra McKee am Rande einer Demonstration in Derry/Londonderry erschossen.
Der Schweizer Fotograf Roland Iselin beschäftigt sich seit längerem mit der Situation in Nordirland. Seine fotografische Recherche folgt zunächst dem britischen Fotografen Paul Graham, dessen Buch Troubled Land 1986 erschienen war. Über dreißig Jahre später besuchte Iselin einige derselben Orte und suchte nach den fortwährenden Einschreibungen des Konflikts in die Landschaft.
In den Fotografien von Roland Iselins Serie ›Revisited (Troubled Land)‹ (2018–2019) sind die Markierungen der Konfliktparteien überall zu sehen. Seine Fotografien sind Landschaftsaufnahmen, die politische Territorien abbilden. Da sind Poster, Flaggen und Graffiti zu sehen (als die üblichen Medien der politischen Äußerung), die aus Nordirland bekannten Wandmalereien, aber auch Bordsteine und Lichtmasten, welche entweder in den Farben der Republik Irland (grün/weiß/orange) oder in denen des Vereinigten Königreichs (blau/weiß/rot) bemalt sind.
Der Konflikt ist allerorten sichtbar, beziehungsweise es wird überall deutlich gemacht, auf welcher Seite des Konflikts die Bewohner eines Hauses oder eines Viertels stehen. Die Segregation hat ihre Spuren hinterlassen und ist zum Teil der Landschaft geworden. Die Landschaft selbst ist politisch!
Roland Iselin studierte am Institut für angewandte Psychologie in Zürich, an der Zürcher Hochschule der Künste und an der New Yorker School of Visual Arts. Er lebt und arbeitet in Zürich.