Ausstellung

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Freiheit, die ich meine …

28.1. — 1.5.2017

Libia Castro & Ólafur Ólafson, Yvon Chabrowski, Daniel Gustav Cramer & Henry Andersen, Hannes Egger, Famed, Sebastian Hammwöhner, Katrin Heichel, Sven Johne, Jana Müller & Wiebke Elzel, Julia Pfeiffer, Jochen Plogsties, Cornelia Renz, Martin G. Schmid, Stephan A. Schmidt, Andrzej Steinbach, Wolfgang Tillmans, Gabriel Vormstein, Matthias Wermke & Mischa Leinkauf

Saal in einem Schloss, auf dem Boden liegen einfache Betten in zwei Reihen

Jana Müller & Wiebke Elzel Quartier (aus der Serie Die Katastrophe im Kopf), 2010, analoger C-Print, 139 × 179 cm

gelbes Plakat mit weißer Schrift, das für den Verbleib Großbritanniens in der EU wirbt

Wolfgang Tillmans Pro-EU anti-Brexit Poster campaign (vote remain 23 June), 2016, 30 color copy posters, 42 × 29,7 cm, Courtesy Galerie Buchholz, Berlin/Köln

cartoonartige Grafik mit einer Collage u. a. aus Schrift und Menschen mit Masken

Cornelia Renz Good. Evil. Bravo., 2015, Marker auf Plexiglas, 190 × 190 cm

Von den Zwölf Artikeln (Memmingen, 1525) bis zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (New York, 1949) und dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Bonn, 1949) ist es ein langer Weg. Immer wieder mussten sich politische Einheiten darauf verständigen, die Rechte jedes und jeder Einzelnen zu definieren und dadurch kontinuierliche friedvolle Gemeinschaft zu ermöglichen.
Diese Regularien waren immer auch kulturelle Errungenschaften, die uns Leitbilder sein sollten.

Von »Kultur« wird immer dann gesprochen, wenn das Zusammenleben Probleme bereitet. Äußerst fragwürdige Begriffe wie »Leitkultur« oder »Kultur des christlichen Abendlandes« haben dann Konjunktur und dienen doch nur der Abgrenzung. Als ob Kultur jemals ein kanonisches Regelwerk gewesen wäre.

Mit dieser Ausstellung stellen wir Künstlern die Frage, was Freiheit heute für sie bedeutet. Vielleicht können sie als Kulturschaffende einiges zur Klärung der Begriffe beitragen. Einige der Antworten sind offensichtlich politische Äußerungen, andere beziehen sich auf die Freiheit der Kunst und die Möglichkeiten einer nicht von Zwängen bestimmten Tätigkeit. Die Resultate in dieser Ausstellung sind so vielfältig wie vielschichtig.

In der Stadt Memmingen sind zur Zeit auf verschiedenen Plakatwänden und Litfaßsäulen Plakate in arabischer Schrift zu sehen. Diese sind Teil der Arbeit Equal rights von Stephan A. Schmidt in der Ausstellung ‚Freiheit, die ich meine ...', die vom 28. Januar bis zum 1. Mai 2017 in der MEWO Kunsthalle gezeigt wird. Die Ausstellung setzt sich mit vielen unterschiedlichen Ausprägungen von Freiheit auseinander, sie ist Teil des Projektes ‚Zeitmaschine Freiheit' des Stadtmuseums Memmingen. Eine Anregung zum Thema sind die Zwölf Bauernartikel, die 1525 in Memmingen aufgeschrieben wurden und die als erste Niederschrift von Menschen- und Freiheitsrechten in Europa gelten. Für seine Plakatserie hat Stephan A. Schmidt die 12 Artikel ins Arabische übersetzen lassen.

12 schwarze Plakate mit weißer arabischer Schrift

Stephan A. Schmidt: Equal rights, 2017, Plakatserie

Der Originaltext lautet:

Die Zwölf Artikel (Memmingen 1525)

1) Jede Gemeinde soll das Recht haben, ihren Pfarrer zu wählen und ihn zu entsetzen (abzusetzen), wenn er sich ungebührlich verhält. Der Pfarrer soll das Evangelium lauter und klar ohne allen menschlichen Zusatz predigen, da in der Schrift steht, dass wir allein durch den wahren Glauben zu Gott kommen können.

2) Von dem großen Zehnten sollen die Pfarrer besoldet werden. Ein etwaiger Überschuss soll für die Dorfarmut und die Entrichtung der Kriegssteuer verwandt werden. Der kleine Zehnt soll abgetan (aufgegeben) werden, da er von Menschen erdichtet ist, denn Gott der Herr hat das Vieh dem Menschen frei erschaffen.

3) Ist der Brauch bisher gewesen, dass man uns für Eigenleute (Leibeigene) gehalten hat, welches zu Erbarmen ist, angesehen dass uns Christus alle mit seinen kostbarlichen Blutvergießen erlöst und erkauft hat, den Hirten gleich wie den Höchsten, keinen ausgenommen. Darum erfindet sich mit der Schrift, dass wir frei sind und sein wollen.

4) Ist es unbrüderlich und dem Wort Gottes nicht gemäß, dass der arme Mann nicht Gewalt hat, Wildbret, Geflügel und Fische zu fangen. Denn als Gott der Herr den Menschen erschuf, hat er ihm Gewalt über alle Tiere, den Vogel in der Luft und den Fisch im Wasser gegeben.

5) Haben sich die Herrschaften die Hölzer (Wälder) alleine angeeignet. Wenn der arme Mann etwas bedarf, muss er es um das doppelte Geld kaufen. Es sollen daher alle Hölzer, die nicht erkauft sind (gemeint sind ehemalige Gemeindewälder, die sich viele Herrscher angeeignet hatten), der Gemeinde wieder heimfallen (zurückgegeben werden), damit jeder seinen Bedarf an Bau- und Brennholz daraus decken kann.

6) Soll man der Dienste (Frondienste) wegen, welche von Tag zu Tag gemehrt werden und täglich zunehmen, ein ziemliches Einsehen haben (sie ziemlich reduzieren), wie unsere Eltern gedient haben, allein nach Laut des Wortes Gottes.

7) Soll die Herrschaft den Bauern die Dienste nicht über das bei der Verleihung festgesetzte Maß hinaus erhöhen. (Eine Anhebung der Fron ohne Vereinbarung war durchaus üblich.)

8) Können viele Güter die Pachtabgabe nicht ertragen. Ehrbare Leute sollen diese Güter besichtigen und die Gült nach Billigkeit neu festsetzen, damit der Bauer seine Arbeit nicht umsonst tue, denn ein jeglicher Tagwerker ist seines Lohnes würdig.

9) Werden der große Frevel (Gerichtsbußen) wegen stets neue Satzungen gemacht. Man straft nicht nach Gestalt der Sache, sondern nach Belieben (Erhöhungen von Strafen und Willkür bei der Verurteilung waren üblich). Ist unsere Meinung, uns bei alter geschriebener Strafe zu strafen, darnach die Sache gehandelt ist, und nicht nach Gunst.

10) Haben etliche sich Wiesen und Äcker, die einer Gemeinde zugehören (Gemeindeland, das ursprünglich allen Mitgliedern zur Verfügung stand), angeeignet. Die wollen wir wieder zu unseren gemeinen Händen nehmen.

11) Soll der Todfall (eine Art Erbschaftssteuer) ganz und gar abgetan werden, und nimmermehr sollen Witwen und Waisen also schändlich wider Gott und Ehre beraubt werden.

12) Ist unser Beschluss und endliche Meinung, wenn einer oder mehr der hier gestellten Artikel dem Worte Gottes nicht gemäß wären ..., von denen wollen wir abstehen, wenn man es uns auf Grund der Schrift erklärt. Wenn man uns schon etliche Artikel jetzt zuließe und es befände sich hernach, dass sie Unrecht wären, so sollen sie von Stund an tot und ab sein. Desgleichen wollen wir uns aber auch vorbehalten haben, wenn man in der Schrift noch mehr Artikel fände, die wider Gott und eine Beschwernis des Nächsten wären.

›Freiheit, die ich meine …‹ ist die erste Ausstellung der MEWO Kunsthalle im Rahmen der »Zeitmaschine Freiheit« des Stadtmuseums Memmingen.

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